Verdächtige mit Alibis und keine Beweise. Noch Ende Januar teilte die Polizei mit, dass gegen Ulvi K., dessen Name seit Winter in den Medien auftauchte, keine Beweise vorlagen und somit die Unschuldsvermutung gelte. Es liefen noch Ermittlungsverfahren gegen ihn und auch gegen Manuel S.
Aber wo weitermachen?
"Für den 7. Mai hat der 24-Jährige ein lückenloses Alibi."
Soko-Sprecher Dieter Czerner,
Frankenpost, 04. Mai 2002
In dieser Situation wurde Herbert Manhart pensioniert, die SoKo musste neu aufgestellt werden. Das nutzte der damalige Bayerische Innenminister Dr. Günther Beckstein für einen Neustart: ab Februar 2002 arbeitete die SoKo II an dem Fall.
Dr. Beckstein sagt im Rückblick über die Einsetzung einer neuen SoKo:
"Man hat alles gemacht, was man sich nur vorstellen konnte. Wir haben
alle Hinweise, nicht nur Spuren sondern alle Hinweise... man hat alle
Hinweise vollständig ausermittelt, mehr konnte man nicht machen.
In dem Augenblick wo ein Fall nicht aufgeklärt wird und wie im Falle Peggy wir überhaupt nicht weitergekommen sind habe ich dann dem Landespolizeipräsidenten gesagt, also ich halte es für notwendig, dass wir hier eine andere Ermittlungsgruppe nochmal dransetzen. Das hat mit polizeiinternen Versetzungen zu tun gehabt. Das ist also professionell gemacht worden. Das Ergebnis war, dass dann eben nochmal ein neuer Chef der Ermittler dort war."
In dem Augenblick wo ein Fall nicht aufgeklärt wird und wie im Falle Peggy wir überhaupt nicht weitergekommen sind habe ich dann dem Landespolizeipräsidenten gesagt, also ich halte es für notwendig, dass wir hier eine andere Ermittlungsgruppe nochmal dransetzen. Das hat mit polizeiinternen Versetzungen zu tun gehabt. Das ist also professionell gemacht worden. Das Ergebnis war, dass dann eben nochmal ein neuer Chef der Ermittler dort war."
Zum Neuanfang wurde die bisherige SoKo unterstützt durch eine 7köpfige Expertengruppe. Sie waren allesamt auf Tötungsdelikte spezialisiert und unterstützten ihre Hofer Kollegen. Leiter der SoKo II war Wolfgang Geier.
Die SoKo-Mitarbeiter "sollen zusammen mit den bisherigen Soko-Leuten offene Spuren weiter
verfolgen und bereits abgeschlossene Spurenkomplexe unter neuen
Blickwinkeln aufarbeiten. Auch die anfangs vermeintlich heiße Spur eines
roten Mercedes mit tschechischem Kennzeichen oder den Hinweis aus der
Bevölkerung, eine unbekannte kräftige Frau sei am Nachmittag des 7. Mai
2001 mit einem blonden Kind an der Hand an einem Schrebergarten vorbei
gekommen. Das Kind soll wie Peggy ausgesehen haben. Polizeisprecher Klaus Bernhardt: "Wir werden auch weiterhin nichts unversucht lassen, um das Schicksal von Peggy aufzuklären." " (Frankenpost, 04. März 2002)
Sachstand am 13. März 2002:
Die Hofer Polizei hat die Suche nach der verschwundenen Peggy Knobloch aus Lichtenberg jetzt noch einmal intensiviert:
Eine siebenköpfige Ermittlungsgruppe mit erfahrenen Kriminalisten aus ganz Bayern unterstützt nun die Hofer Fahnder der Sonderkommission ,,Peggy''.
Wie der Pressesprecher der Hofer Polizei, Klaus Bernhardt, mitteilte, ist die Soko nun wieder 14 Ermittler stark. Die sieben zusätzlichen Kräfte kommen aus dem gesamten Freistaat und stammen Bernhardt zufolge überwiegend aus Kommissariaten, die Tötungsdelikte bearbeiten. Die meisten von ihnen hätten bereits Erfahrungen in anderen Sonderkommissionen gesammelt. Die Beamten sollen helfen, ,,offene Spuren weiter zu verfolgen und bereits geschlossene Spurenkomplexe unter anderem Blickwinkel neu aufzubereiten''.
Was hat die Soko II ermittelt?
Von außen ist es schwer zu sagen, wo genau die Kruste der bisherigen Ermittlungsergebnisse aufbrach. Aber nach und nach begann das Alibi von Ulvi K. zu bröckeln. Die Zeitangaben der Eltern stellten sich als vage Erinnerungen unter Bezug auf falsch gehende Uhren heraus, ein Alibizeuge hatte sich im Vorfeld der Aussage bei der Familie nach den gewünschten Uhrzeiten erkundigt, der Freund, dem Ulvi K. am Tattag half schöpfte seine konkreten Zeitangaben daraus, dass er ohne Armbanduhr einfach das Eintreffen von Ulvi K. bei ihm anhand der dann bereits erledigten Arbeiten schätzte. Und eine neue Zeugin kam hinzu: Ende März bestätigte ausgerechnet die Mutter von Manuel S., Ulvi K. am Tattag gegen 13:00 am Henri-Marteau-Platz gesehen zu haben.Das Verfahren gegen ihren Sohn war da gerade eingestellt worden. Sein Alibi schien bestätigt.
Plötzlich öffnete sich da ein Zeitfenster von gut 45min, in der eine Tat hätte von Ulvi K. ausgeführt werden können. Aber alleine?
Tatsächlich hatte zu diesem Zeitpunkt Ulvi K. bereits mindestens 3
Personen außerhalb der Polizei einen Mord gestanden. Mit abweichenden
Neben- aber konstanten Hauptdetails. Die Befragungen von Ulvi K.
gestalteten sich schwierig. Der Geistig Behinderte hatte Angst, liess
sich leicht ablenken, schweifte ab.
Es wurde ein Profiler aus München in die Ermittlungen einbezogen, der anhand der vorliegenden Informationen eine Tathergangshypothese erstellt. Später wird der Unterstützerkreis um Ulvi K. behaupten, diese Tathergangshypothese sei die Blaupause für ein erpresstes Mordgeständnis gewesen.
Die Fragen wurden also konkreter, die Befragungen wurden systemmatisch organisiert. Keine Ablenkungen durch Poster, wenige Gegenstände im Verhörraum, die die Aufmerksamkeit Ulvi Ks auf sich ziehen konnten, wenige Beamte, vertraute Personen in der Nähe, kurze Befragungen, einfache Fragen, kein Lautwerden - die Ermittler taten alles, um die Besonderheiten des Tatverdächtigen zu berücksichtigen.
Dann endlich: am 2. Juli 2002 gestand Ulvi K. erstmals gegenüber der Polizei den Mord an Peggy Knobloch. Dabei war an diesem Tag die Befragung schon beendet gewesen, Ulvi K. sollte bereits wieder in die Klinik gebracht werden, sein Rechtsbeistand befand sich schon auf dem Rückweg. Da sagte Ulvi K., er habe noch etwas zu sagen.
Nach seiner mündlichen Einlassung wurde noch am gleichen Nachmittag eine Tatrekonstruktion vor Ort durchgeführt. In mindestens 3 weiteren Befragungen bzw. Rekonstruktionen wiederholte Ulvi K. sein Geständnis.
Dabei machte er es den Ermittlern nicht leicht, denn es gab einige Veränderungen von Aussage zu Aussage. So soll ihm einmal ein befreundetes Pärchen geholfen haben, die Leiche zu beseitigen (beide waren nachweislich am Tattag nicht in Lichtenberg), mal Manuel S. (der hatte ja ein sicher geglaubtes Alibi), mal ein Freund mit demselben Nachnamen wie S. (konnte ebenfalls ausgeschlossen werden) und mal sein Vater. In diesem glaubten die Ermittler die wahrscheinlichste Person gefunden zu haben, schon weil innerhalb einer Familie ein solcher >>Freundschaftsdienst<< eher möglich schien als zwischen nur locker befreundeten Kumpels. Erdal K. wurde kurzzeitig sogar verhaftet, gegen ihn konnten keine Beweise gefunden werden.
Der Verbringer der Leiche war also unbekannt mit einer Präferenz für den Vater, der aber in jedem Fall straffrei ausgegangen wäre.
Verblieb das Tatgeschehen selbst. Genau hier ergab sich aus den Schilderungen Ulvi K.s ein weitgehend konstantes Tatgeschehen: die Begegnung mit Peggy wollte für eine Entschuldigung nutzen, das Mädchen wollte davon nichts wissen, es kam zum Streit, in dessen Verlauf das Mädchen in Richtung der Schrebergärten wegrannte. Sie stolperte, verletzte sich an der Stirn und am Knie und weinte oder schrie sogar. Um sie zur Ruhe zu bringen hielt der bedeutend kräftigere Ulvi K. dem Mädchen Mund und Nase zu. Den Todeskampf schilderte er so realistisch, dass spätere Gutachter hieran Merkmale für real Erlebtes und nicht bloß Wiedergegebenes (wie z.B. aus Fernsehfilmen) erkennen.
Obwohl Ulvi K. sein Geständnis im September 2001 widerrief endete die Arbeit der SoKo II mit einer Anklage. An deren Ende stand 2004 eine Verurteilung wegen Mordes mit anschliessender Unterbringung in der Forensik sowie ein Freispruch in mehreren Fällen des Sexuellen Missbrauchs wegen Schuldunfähigkeit.
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